Wenn wir Tiere in ihrem Verhalten genau beobachten, können wir oft unser eigenes Verhalten darin gespiegelt sehen und hintergründige Emotionen in unseren Beziehungen besser erkennen, um Fixierungen aufzulösen und umzuwandeln, sodass wir mehr Freiheit und Leichtigkeit in unser Leben bringen können.
Tiere als heilsame Lehrer im Alltag
Das Bewußtsein des Menschen ist eingebettet in den universellen Evolutionsprozeß. Wenn eine Entwicklung weitergehen soll, so gibt die Seele Impulse, damit jene Bilder und Gefühle in den Vordergrund kommen, die für diesen Entwicklungsschritt wesentlich sind. So einen Prozeß zu begleiten ist etwas sehr Schönes für mich.
Ich arbeite in solchen Prozessen gerne mit Tieranalogien, da am Tier Charaktereigenschaften deutlicher hervortreten und man sich beispielgebend anschauen kann, wie eine Situation bewältigt werden kann. So können Tiere gegebenenfalls zum Lehrmeister werden.
Tanz der Beziehungen
Herta (Name geändert), 40 Jahre alt, kommt zu mir in Beratung. Sie war ehemals Lehrerin und ist nun dabei eine Zusatzausbildung in Maltherapie an einer privaten Institution zu machen. Aktuell hatte sie einen Konflikt mit der Ausbildungsleiterin. Ihrer Einschätzung nach seien einige Mängel im Lehrangebot und bei deren Durchführung.
Nach Außen ist Herta immer lieb und freundlich und nach Innen kocht es in ihr, da hat sie beim Training die geballte Faust im Sack ihrer Mantelschürze. Herta tut dies, da sie unbedingt das Zertifikat bekommen will und der Meinung ist, es geht nur auf diese Weise der Überanpassung. Herta weiß, dass es sich bei ihr um ein altes Muster gegenüber Autoritätspersonen handelt. Es kann wie ein Tanz in der Beziehung angesehen werden, die eine Seite ruft die andere Seite hervor.
Als erstes schauten wir bei der Beratung die Thematik vom Blickwinkel der Bewußtseinsebenen (Transaktionsanalyse) her an. Auf welcher Ebene ist ihr Ich gerade fixiert? Sie erkennt sich als trotziges Kind, die Leiterin als dominante, alles verschlingende Mutter und die Erwachsenenebene scheint abhanden gekommen zu sein. Sie spürte Wut und enormen Widerstand in ihrem Bauch.
Werteinstellungen bestimmen mein Leben
Als zweites schauten wir uns an, welches Werteverständnis hinter der Thematik steckt. Was habe ich, als Herta, für Wertvorstellungen und was verkörpert die Leiterin für einen Wert, der mir zu schaffen macht. Zeigt mir der Konfliktpartner eventuell denjenigen Wert auf, den ich bei mir komplett verdrängt habe, bzw. so ins Negative abgewertet habe, dass ich ihn ablehnen muß? Als Schlüsselbegriffe kamen Ehrlichkeit und Verantwortung gegenüber Falschheit und Egoismus heraus.
Tiere als Lehrmeister
Ich forderte sie nun auf Tiere zu malen, die sie bzw. ihre Konfliktpartnerin charakterisieren. Da kamen eine Ente und eine Schlange zum Vorschein.
Erst identifizierte sie sich nur mit der niedlichen Ente. Es dauerte etwas, bis sie sich der anderen Eigenschaften, die die Ente auch hat, bewußt wurde, nämlich dass eine Ente mit ihrem Schnabel andere ganz schön picken und verletzen kann und darüberhinaus kann sie jederzeit davonfliegen. Dann ermunterte ich sie, das Gegenüber zu werden, nämlich die Schlange. So arbeitete sie sich vorsichtig in ihre Schattenseite hinein.
Schließlich kam wieder ein Fortbildungswochenende. Sie wurde von der Leiterin auf ihre geballten Fäuste in der Mantelschürze angesprochen. Herta schaffte es ihr zu sagen, was sie am Ausbildungsangebot schätzt und wo sie für sich aber anders arbeiten möchte. Damit reagierte sie auf der Erwachsenenebene und war überrascht, dass ihre Meinung mühelos akzeptiert wurde. Ihre Angst, gar vom Kurs rausgeschmissen zu werden, wenn sie sagt, was sie denkt, löste sich auf.
Seither hat sie mit der Leiterin in ihrem Inneren Frieden geschlossen und nimmt von ihr das an, was ihr gut tut. Vor allem schätzt sie an der Leiterin die fachlichen Grundlagen, die Kreativität, sowie ihre Wendigkeit und Beweglichkeit in der Arbeit. Damit hatte sie auch bei sich die Vorzüge der Schlange positiv integrieren können.
Herta sollte noch eine Botschaft von der Schlange bekommen, um über ihr Muster hinauszuwachsen.
Herta malte eine orange getupfte Schlange, die mit Leichtigkeit dahinschlängelt. Ich forderte Herta nun auf bis zur nächsten Stunde in eine Buchhandlung zu gehen und sich mit den Charakterzügen der Schlangen näher zu beschäftigen. Die Überraschung war groß, als sie eine orange getupfte Schlange im Buch vor sich hatte.
Eine nordamerikanische Kornnatter, 1,8 m lang und ungiftig, war genauso, wie sie sie gemalt hatte. Bei den Überlebensstrategien der Schlangen beeindruckte sie am stärksten das Totstellen. Zuerst zischt und schnauft die Schlange bedrohlich. Bleibt das erfolglos, rollt sie sich auf den Rücken, zappelt, wie im Todeskampf und bleibt dann unbeweglich liegen und stellt sich tot. Doch dreht man die Schlange um, wiederholt sie das Theater.
Herta wußte, das beschreibt ihr eigenes bisheriges Verhalten bei Konflikten mit Autoritätspersonen sehr zutreffend. So sah Herta ihr eigenes Verhalten bei der Schlange gespiegelt und sie mußte herzhaft über sich selbst lachen, vor allem, wie kurios aus der anderen Perspektive das Schauspiel ausschaut, wenn sie nicht lange genug in der Starre bleibt. Diese Erkenntnis floß zusehends in ihren Alltag ein.
Die Spielvarianten in Beziehungen können sehr gut über das Lebensskriptmuster näher angeschaut werden, um das Verhaftet sein darin zu lösen.